Blauhelmmission und Einhaltung von Minsk II endlich durch beide Seiten

Veröffentlicht am 01.05.2019 in Aus dem Parteileben

Es war ein sehr differenziertes Bild, das die Besucher des Informationsabends zur Ukraine am Ende mitnahmen. Die SPD-Ostalb hatte dazu ins Aalener Abgeordnetenbüro von Leni Breymaier eingeladen und der Sprecher des friedenspolitischen Arbeitskreises, Rolf Voigt, beleuchtete vor dem Hintergrund eigener Reiseerlebnisse in der Ukraine in einer Präsentation die gegenwärtige Entwicklung nach der Präsidentschaftswahl.

Es gab zunächst viel Grundlagenwissen. So ist die Ukraine der größte Flächenstaat, dessen Territorium ganz in Europa liegt, aber gleichzeitig (nach Moldawien) der Staat mit der geringsten Wirtschaftsleistung pro Kopf in Europa.

Und die Macht der Oligarchen scheint auch nach der Wahl des neuen Präsidenten nicht gebrochen. Der Wechsel erscheint eher zwischen den verschiedenen Lagern der Oligarchen, statt zu finden.

Dennoch, so der Tenor, bleibt zu hoffen, dass der neue Präsident einen eigenen Weg finden wird, um aus dem ausweglosen Kurs der Konfrontation des abgewählten Präsidenten Poroschenko auszusteigen und endlich eine Politik für das Wohl der Menschen und nicht nur zum Wohl des eigenen Geldbeutels zu betreiben. Wie schwer das werden wird zeigte sich am Donnerstag letzter Woche. Im ukrainischen Parlament hat der abgewählte, aber noch amtierende Präsident vier Tage nach seiner Wahlniederlage ein scharfes Sprachengesetz verabschieden lassen, das die russische Sprache, die noch für große Teile der Bevölkerung die Muttersprache ist, aus dem öffentlichen Raum verbannen soll. Damit zeigt sich bereits jetzt, was Poroschenko unter der angekündigten Oppositionspolitik versteht, die er für den Fall seiner Wahlniederlage angekündigt hatte. Auf jeden Fall keinen Weg der so dringend notwendigen Versöhnung in einem zerrissenen Land. 

In diesem Zusammenhang wurde die Rolle von Bundeskanzlerin Merkel in der Runde kritisiert, die eine deutliche Unterstützung des alten Präsidenten und dessen Machenschaften betrieben hatte.

Eine besondere Aufmerksamkeit fand die Situation in der Ostukraine mit den abtrünnigen Provinzen. Der dort eingefrorene und auf Sparflamme am laufen gehaltene Konflikt ginge vor allem auf Kosten der Zivilbevölkerung und keine Seite zeige Anstalten, zu konstruktiven Lösungen zu kommen. So seien Hundertausende vor den Kriegshandlungen in beide Richtungen geflohen. In der Ukraine selbst seien die Binnenflüchtlinge keineswegs gern gesehen, wie Voigt aus eigener Anschauung berichtete. Genau so viele seien auch bereits Richtung Russland geflohen. Bei der Bewertung des Minsk II – Abkommens, dass eigentlich eine Entspannung des Konfliktes bringen sollte, staunten die Besucher nicht schlecht, als sie den vollständigen Text dieses Abkommens präsentiert bekamen. Und dann sahen, dass vor allem auch die Ukraine ihre dort eingegangenen Verpflichtungen, wie etwa den Erlass einer neuen Verfassung mit einem Autonomiestatus für die Gebiete Donezk und Lugansk bis Ende 2015 nicht eingehalten hat. Hintergrund ist die Tatsache, dass das Abkommen zwar vom Präsidenten Poroschenko unterschrieben wurde. Er aber für die Umsetzung der dort getroffenen Vereinbarungen keine Mehrheiten im Parlament hatte. Ganz im Gegenteil bestanden die Kräfte der Milizen und des „rechten Sektors“ darauf, alle Verbindungen in die Ostukraine zu kappen, was dann auch vollzogen wurde. Dahinter stehen auch die Wünsche, mittels einer Stärkung durch die NATO das Gebiet militärisch zurück zu erobern. 

In diesem Zusammenhang war es eine der Forderungen in der Runde, dass eine mit einem robusten Mandat ausgestatte Blauhelmmission der UNO in dieser Region die Überwachung der Demilitarisierung durchführen müsse und beide Seiten dann die Verpflichtungen aus dem Minsker Abkommen erfüllen müssten, um endlich wieder eine erträgliche Lebenssituation für die Menschen dort zu schaffen.

Dieser Konflikt, so die Bilanz in der Runde, dient derzeit auch als Begründung für Aufrüstung und enorme Ausgabensteigerungen für das Militär in Westeuropa und hat von daher unmittelbaren Auswirkungen auf uns. Gerade im Hinblick auf die EU-Wahlen wäre es daher wichtig, einen Weg der konstruktiven Konfliktlösung zu suchen. Eine sehr nachdenkliche Runde beschloss den Abend mit dem Wunsch, dass die EU mit dem neuen Präsidenten in Zukunft einen eher auf Ausgleich statt auf Konfrontation setzenden Partner in der Ukraine haben wird.

 

Leni Breymaier MdB

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